Fragen an Arno Peffer als Vorsitzenden der Kolpingsfamilie Lobberich
150 Jahre sind ein strammes Alter, Herzlichen Glückwunsch. Aber: Wird man da nicht von der Tradition erschlagen?
Bei 150 Jahre Lobbericher Kolpingsfamilie ist es erlaubt und richtig mal zurückzuschauen. Traditionen sind dabei in dieser Zeit entstanden und entstehen neu in jüngster Zeit. Mit Dank können wir zurückschauen und entdecken dabei viel Gutes. Nicht erschlagend sondern ermunternd wird man bei Traditionen, da ja der Sinn und die Tätigkeit Kolpings auch für die heutige Zeit immer wieder neu aufleben lassen. Feste Regeln geben der Tradition Beständigkeit. Bei gibt es die jährliche Generalversammlung, wo alle Tätigkeiten zurückschauend offen gelegt werden. Das Stiftungsfest; der Kolpinggedenktag .An diesen Traditionsfesten ist die Kolpingsfamilie eine große Gemeinschaft „weltweit“.
Adolph Kolping war entsetzt über die Zustände, in denen die vielen Gesellen arbeiten mussten. Die Soziale Frage war für ihn elementar. Sehen Sie da Parallelen zum heutigen Berufsleben? Das soziale Denken und Handeln darf nie aufhören und muss immer wieder neu den veränderten Arbeitsbedingungen angepasst werden. Auch heute entstehen neue schlimme Zustände in unserer doch so hohen Zivilisation. Menschen werden oft um ihren Lohn gebracht und durch die globale Welt ausgebeutet. Im Berufsleben stehen an erster Stelle die Leistung und Bilanzen. Da ist bei uns viel Arbeit und Vorbild gefragt um die Menschen dabei zum christlichen Miteinander anzuleiten. Das materielle Denken bedarf immer eines Gegenpols. Das Kolpingwerk arbeitet heute an der internationalen Sozialen Frage. z.B. Kinderarbeit in Indien .Der Unterschied zwischen Industrie und Entwicklungsländer ist zu groß geworden. Die Religion darf dabei nicht fehlen! Ohne sie hätte das soziale Leben kein Herz.
Wie sehen Sie die Lobbericher Kolpingsfamilie in unserer schnelllebigen Zeit aufgestellt? Wie ist sie in die Nettetaler Umgebung eingebettet? Die Lobbericher Kolpingsfamilie spiegelt altersgerecht unsere Gesellschaft wider. In Lobberich haben wir vorwiegend Senioren - ältere Kolpingsschwestern und -brüder als Mitglieder. Die Jugend ist in der Minderheit, dafür aber trotz vollem Stundenplan aktiv. Für den Bezirk Nettetal/Grefrath finden Bezirksvorständesitzungen zum Austausch der Durchgeführten und zukünftigen Aktionen statt. Kolping überlebt die schnelllebige Zeit, weil unsere Mitglieder Zeitlebens zeitlos voneinander profitieren und Gemeinschaft erfahren. Umso wichtiger wird es bei uns Menschen die alleine dastehen, bei uns eine familienhafte Gemeinschaft anzubieten.
Wie stark spielt der kirchliche oder christliche Hintergrund im heutigen Leben einer Kolpingsfamilie für Sie eine Rolle?
Das spielt für mich eine sehr große Rolle. Gelebtes Christentum muss von Kolpingsfamilien ausgehen. Die Mitglieder sollten durch ihr christliches Handeln zu erkennen sein.
Wo sehen Sie die vordringlichten Aufgaben der Lobbericher Familie? Wo muss Sie auf jeden Fall tätig werden?
Da wir eine alterne Gesellschaft haben sehe ich unsere Aufgabe aktuell vordringlich mehr für unsere älteren Mitmenschen tätig zu sein. Die jüngeren Mitglieder unserer Kolpingsfamilie können von dieser Generation lernen und sich für sie nützlich machen. Unsere Kolpingjugend hat zum Beispiel ein Handykurs für diese Menschen durchgeführt. Das Seniorenhandy fand ich einfach klasse und so was sollte wo Not und Hilfe gefragt ist spontan umgesetzt werden. Wir sollten auch in Zukunft soziale Projekte unterstützen und Gemeinschaft pflegen und in der Kirche Mitwirken und ihr ein positives Gesicht in der Gesellschaft geben.
Was tun Sie für die Mitgliederwerbung?
Wir können nur Menschen gewinnen, wenn wir zu den Menschen gehen und Sie persönlich einladen und den Menschen nahelegen in unsere Programmvorschau zuschauen, auch auf www.kolping-Lobberich.de. „Gehen wir auf die Straße“, wie Papst Franziskus sagt, zu den Menschen und laden sie persönlich ein. Wir haben dabei schon Erfolg gehabt. Es ist der einzige direkte Weg die Menschen heute zumotivieren.
Welche Voraussetzung müssen Menschen mitbringen, die Mitglied werden wollen? Müssen Sie in der Kirche sein?
Voraussetzung? Wir können Menschen doch nicht beurteilen. Menschen, die Mitglieder werden wollen, lernen unsere Satzung und Gemeinschaft kennen. Müssen Sie in der Kirche sein? Dazu zitiere ich Adolph Kolping: „Wir führen die Leute in die Kirche, ziehen langsam hinein, man darf doch nicht einen zum Laufen antreiben, wenn er noch nicht gehen kann. Wir sind sehr froh, wenn wir die Gesellen dreimal jährlich zum Tisch des Herrn bringen. Wir kennen Gesellen, die seit zehn Jahren keine Sakramente empfangen haben. Wir laden sie ein und wenn sie Ostern nicht gegangen sind, so kommen sie am Stiftungsfeste und Gott sei Dank, wenn sie nur noch kommen Man darf keinen Menschen abkanzeln!“ Und so denke ich, wenn Menschen guten Willens bei uns sind, die der Kirche aber fern sind, werden sie doch langsam wieder die Kirche lieben lernen.
Wird es nicht immer schwieriger, Nachwuchs zu werben? Die Konkurrenz durch andere Vereine und Verbänden ist doch riesengroß.
Klar, noch nie war die Möglichkeit der Menschen, in Vereinen aktiv zu werden so groß wie heute. Hier müssen wir bei uns überzeugen und verdeutlichen das unsere Kolpingsfamilie eine Lebensbegleitende Gemeinschaft ist. Wir haben Mitglieder, die 65 Jahre treu sind.
Kolping hat aber auch recht mit seiner Aussage: „Der Haufen macht‘s nicht aus, sondern dass die Mitglieder tüchtige Leute sind. Mit zehn tüchtigen Leuten richtet man mehr aus als mit hundert, mit denen man nicht weiß was man machen soll.“
Das Thema „Familie“ war für den Gründervater ein zentrales. Welche Rolle spielt es Heutzutage?
Das Thema Familie wird immer zentral bleiben. Alle Worte Kolpings darüber bewahrheiten sich bis in unsere Zeit. Kolping sagte: „Es ist eine alte Wahrheit, dass der Höhenmesser des allgemeinen Wohls des sittlichen und materiellen nirgend anders als in den Familien gefunden wird. Ist das Familienleben blühend, stark und frisch, dann steht es auch um die Gemeinsamkeit des sozialen Lebens wohl, fangen die Familien an zu zerfallen, reißt die Charakterlosigkeit und das Sittenverderbnis in Familien ein, dann wanken die Urfundamente der Gesellschaft und das allgemeine Weh lässt sich nicht mehr aufhalten.
Ein Blick in die Zukunft: Wie muss sich die Kolpingsfamilie positionieren? Wo kann sie womöglich den Menschen weiterhelfen?
Unsere Kolpingsfamilie muss sich so positionieren, dass sie für alle Generationen jung und alt als sozialer Verband für alle Menschen im Ort zu erkennen ist. Hier darf man aktiv und passiv unterstützend tätig sein und helfen wo es nötig ist! Sei es in kirchlichen Bereichen sowie in alltäglichen Lebensbereichen der Mitglieder. Hilfe untereinander füreinander und für die eine Welt!